Otfried Weise: WAHRHEIT IST DAS, WAS WIRKT, BZW. DAS, WAS DAS GEWÜNSCHTE ERGEBNIS ERZEUGT ~ Kongseb


Hellseherinnen sagen, sie könnten Informationen aus einer anderen Ebene empfangen (z. B. durch Visionen, Trance, „Guides“, Energien). Sie sprechen oft nicht von exakten Vorhersagen („Am 12. März um 18 Uhr passiert X“), sondern eher von Tendenzen, Bildern oder Symbolen.

Bis heute gibt es nämlich keinen wissenschaftlichen Beleg, dass Menschen Ereignisse in der Zukunft zuverlässig vorhersagen können, die nicht schon durch Muster oder Wahrscheinlichkeiten erkennbar wären. Alle kontrollierten Tests mit „Hellsehern“ zeigen bisher: Ergebnisse bewegen sich im Bereich des Zufalls oder lassen sich durch Psychologie erklären.

Es finden sich typische Erklärungen:
Vage Formulierungen, Aussagen wie „Es wird mehr Wetterextreme geben“ sind so allgemein, dass sie fast immer irgendwann zutreffen.

Selektive Erinnerung: Treffer bleiben im Gedächtnis, Fehlschläge werden vergessen.
Intuition & Erfahrung: Unbewusst erkennen Menschen Muster (z. B. politische Spannungen, mögliches Konfliktrisiko). Das wirkt im Nachhinein wie „Hellsicht“. Nachträgliche Interpretation: Aussagen werden nach einem Ereignis so gedeutet, dass sie passen („Das hat sie bestimmt damit gemeint“).
Gibt es überhaupt „Vorhersagbarkeit“?

In der Natur: Ja, wenn klare Gesetzmäßigkeiten bestehen (Astronomie, Physik).
In komplexen Systemen: gibt es nur Wahrscheinlichkeiten und Szenarien (Wetter, Wirtschaft, Politik).
In der Quantenphysik: Es gibt sogar fundamentalen Zufall (z. B. Zerfallszeit eines einzelnen Atoms) – das ist prinzipiell nicht vorhersagbar.

Das bedeutet: Absolute Vorhersagen sind in vielen Bereichen unmöglich. Was möglich ist: Wahrscheinlichkeiten, Szenarien, Tendenzen – aber nicht „exakte Zukunft“.

Vorhersagen im Sinne von Hellsehen sind nach wissenschaftlichem Stand nicht möglich. Was Hellseher und andere tun, beruht höchstwahrscheinlich auf einer Mischung aus Intuition, Erfahrung, psychologischen Effekten und Interpretation. Trotzdem können solche „Visionen“ für Menschen subjektiv wertvoll sein – als Orientierung, Sinnstiftung oder Motivation.

Es gibt kein belastbares Gesetz oder Phänomen, das Hellseherei als echte Fähigkeit bestätigt. Woraus sich Hellseherei wahrscheinlich zusammensetzt ist Intuition. Menschen können Muster unbewusst erkennen, bevor sie diese bewusst analysieren.

Beispiel: Jemand „fühlt“, dass eine Person traurig ist, ohne dass diese es sagt – er liest Körpersprache, Tonfall, Mikrogesten. In komplexeren Fällen kann das wie eine „Vision“ wirken.
Wer lange in einem Feld lebt, entwickelt ein Gespür für Abläufe.
Ein Arzt „weiß“, dass ein Patient eine Krise bekommen könnte – ohne die Laborwerte schon gesehen zu haben. Eine Hellseherin könnte Ähnliches spüren, basierend auf unbewussten Mustern.

Psychologische Effekte: Allgemeine Aussagen („Du hast manchmal Selbstzweifel, aber auch große Stärke“) wirken für viele Menschen individuell passend. Selektive Wahrnehmung: Treffer werden erinnert, Fehlschläge vergessen.

Nachträgliche Deutung:
Vage Bilder („ich sehe Wasser und Bewegung“) werden später an Ereignisse angepasst („Überschwemmung!“). Zusammengenommen ergibt sich ein „Trefferbild“, das im subjektiven Erleben sehr überzeugend sein kann. Selbst wenn sie nicht „übernatürlich“ sind, haben sie eine Wirkung, helfen bei der Orientierung: Menschen in Krisen suchen Halt. Eine „Botschaft“ kann Richtung geben („Vertraue auf deine innere Stärke“).

Sinnstiftung: Visionen können helfen, Ereignisse im Leben in einen größeren Zusammenhang zu stellen („Das passiert, weil du wachsen sollst“).

Motivation:
Eine positive Prophezeiung („Du wirst einen neuen Weg finden“) kann Hoffnung wecken und damit das Verhalten aktiv verändern.

Selbstreflexion: Hellseherische Aussagen sind oft Projektionsflächen – man hört etwas, denkt darüber nach, und gewinnt daraus Einsichten.
 
Das Erleben von Visionen oder Prophezeiungen kann psychologisch sehr wirksam sein – ähnlich wie ein gutes Coaching, eine Therapie oder ein Ritual. Der Wert liegt dann weniger in „objektiver Wahrheit“, sondern im subjektiven Nutzen: Orientierung, Trost, Motivation, Deutung des eigenen Lebens.

Quelle: Otfried Weise

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